Im Herbst 2003 war ich mit meinem Freund und Angelpartner Manne wieder mal in Frankreich unterwegs.
Nach einer Woche traumhaften Angelurlaub freute ich mich auf mein Bett und ganz besonders auf eine Dusche. Eine Woche ohne Dusche war wohl zuviel, den wir stanken wie die Stinktiere. Seit dem geht bei mir nichts mehr ohne eine Campingdusche.
Auf der Heimreise hatten wir uns natürlich mal wieder heillos verfahren. Manne und ich hatten im französischen „Dschungel“ vollkommen die Orientierung verloren. Wir hofften das sich der Nebel bald lichten würde. In diesem Moment dachte ich mir, warum hast du noch kein „Navi“ gekauft, seit dem fahre ich nicht mehr ohne Navi und GPS nach Frankreich.
Nach fast zwei Stunden Irrfahrt lichtete sich der Nebel etwas und wir bemerkten das wir irgendwo mitten im Wald waren. Hier nach „Karte“ zu fahren hatte überhaupt keinen Sinn. Also fuhren wir eine kleinere Waldstasse entlang, in der Hoffnung ein Haus, eine Ortschaft oder irgendein Orts-schild zu finden.
Aber nichts! Rein gar nichts!
Ich hatte eher das Gefühl immer weiter in den Wald zu fahren bis plötzlich eine größere Lichtung kam. Hier war die Straße zu ende, wir waren in einer Sackgasse gelandet.
„Scheiße“ dachte ich mir!
Ich stieg aus um mich mal von einem gewissen „Druck“ zu befreien. Das Gras war hier fast einen Meter hoch, seit Monaten dürfte hier kein Mensch mehr gewesen sein. Auch keine Spuren von Jägern oder landwirtschaftlichen Gerät war zu erkennen. Das hohe Gras erstreckte sich über mehrere hundert Meter hinaus. Der Nebel hatte sich in der Zwischenzeit komplett gelichtet und die Sonne zeigte sich von ihrer schönsten Seite.
Ich kletterte auf das Dach meines VW-Transporters um vielleicht irgendetwas zu sehen was uns weiter helfen könnte. Das einzige was ich mit dem Fernglas sah war in weiter Ferne etwas Schilf.
Wo Schilf ist, ist auch Wasser dachte ich mir. Also machten wir uns auf den Weg das Gelände etwas näher zu erkunden.
Nach einer Weile wurde der Untergrund weich und schlammig. Manne sagte: „ Ich gehe jetzt keinen Meter mehr weiter weil ich schon bis zu den Schienbeinen im Wasser stehe“. Manne hatte etwas mehr „Kampfgewicht“ als ich. Ich sagte: „ Bleib du hier ich gehe noch ein Stück“. Nach ein paar Metern stand ich bis zu den Knien im Wasser aber dafür bot sich mir ein Anblick für Götter.
Nein nein, nicht was ihr jetzt meint, keine nackte vollbusige Blondine , sondern ein traumhafter schöner See von ca. 30 bis 40ha Wasserfläche.
Das Sonnenlicht spiegelte sich im welligen Wasser. Teils war der See mit Wald umgeben teils mit weitläufigen Wiesen und Feldern. Am gegenüber liegendem Ufer konnte ich Schafe und Kühe sehen. Ein paar Kilometer im Hintergrund meinte ich so was wie einen Bauernhof zu erkennen.
In der Zwischenzeit hatte sich Manne doch bis zu mir vorgearbeitet. Seinen Blick hättet ihr sehen sollen als er den See das erste mal sah. Mit weit geöffneten Augen und Mund stand Manne sprachlos da. Zwick mich mal in den Arsch sagte er: „ob ich auch nicht träume“. Bei mir ratterte es aber schon im „Oberstübchen“.
– Angellizenz?, – welche Regeln?, – wo kann man hier ein Zelt aufbauen?, – mit wie vielen Ruten darf man angeln?, -Fischbestand?………………….
Manne meinte, von diesem Ufer aus können wir auf alle Fälle nicht angeln. Wir versinken hier heillos im Schlamm und Wasser. Wir wollten uns gerade auf den Rückweg machen, um mit dem Auto weiter den See zu erkunden, da rief Manne ganz plötzlich und aufgeregt; Ein Zelt! Wie sagte ich? Ein Zelt rief Manne! Schau doch mal durch dein Fernglas. Und tatsächlich, in ca. 1km Entfernung angelte augenscheinlich ein Karpfenangler. Wir gingen sofort zum Auto zurück und fuhren in Richtung des Karpfenanglers. Ein schmaler holpriger Feldweg führte direkt zu dieser Angelstelle. Als der französische Angler uns zu Gesicht bekam, blickte er erst etwas verdutzt. Was mag ihm wohl in diesem Moment durch den Kopf gegangen sein?
Zwei seit einer Woche unrasierte und stinkende Bayern mit total verschlammten Schuhen und Hosen mitten in der französischen Pampas.
Als sich bei dem Franzosen der erste „Schock“ gelegt hatte, kamen wie schnell ins Gespräch und zu meiner Verwunderung konnte dieser auch noch perfekt deutsch. Der Franzose, Luis glaube ich hiss er, war sehr nett. Die Angelerlaubnis bekommen wir am Bauerhof der nur ein paar Kilometer entfernt ist meinte er. Das Gewässer gehört dem Bauern aber man bekommt die „Karten“ nur nach Lust und Laune. Außer ihm und der Bauer angelt hier selten einer. Nach dem Fischbestand gefragt, meinte Luis, das alle Fischgrößen vorkommen aber der Fischbestand sehr dünn ist und die Fische sehr launisch sein können. Einige Tage blanken kommt schon mal vor. Der See hat gigantisch viel natürliche Nahrung. Laut seines Wissens wurde der letzte Besatz vor ca. 30 Jahren gemacht und seit dem hat sich auch nicht viel verändert. Der See wurde damals als eine Art „Löschweiher“ angelegt, wird aber als solches nicht mehr benutzt. Mittlerweile hat sich der See in ein Naturparadies verwandelt.
Mit den Eindrücken verabschiedeten wir uns von Luis und machten uns auf den Weg in Richtung Bauernhof. Am Bauernhof angekommen ersuchten wir dem Bauern, der nur französisch sprach, mit Händen und Füßen zu erklären das wir gerne an seinem See nächstes Jahr für ein paar Tage angeln würden. Wir gaben uns einfach als Freunde von Luis aus.
Der Bauer sagte, „We“
Wir konnten unser Glück kaum fassen. Vor lauter Freude darüber räumte ich den halben Bus aus um noch an ein paar Flaschen „Erdinger Weissbier“ zu kommen und diese dem Bauern zu schenken. Nun konnten wir uns ruhigen Gewissens auf die Heimreise machen. Während er Heimfahrt machten wir uns fleißig Notizen um ja den unbekannten See wieder zu finden und wir diskutierten während der Heimreise noch Stunden darüber wie wir den See befischen würden. Doch es kam zunächst alles anders. Wie es im Leben halt so ist, habe ich mich aus nicht erklärlichen Gründen davon abhalten lassen diesen See auch tatsächlich 2004 zu befischen. Manchmal lässt man sich von anderen Leuten voll quatschen und kommt von seinem Ziel ab. Was zur folge hatte das Manne und ich zuerst ein paar andere Gewässer wie z.B. den Orient befischt haben.
Im Frühjahr 2006 sollte es aber dann so weit sein. Die Vorbereitungen fingen schon im Januar an. Verschiedene Ausrüstungsteile, die im Jahr zuvor ihren Geist aufgegeben hatten, wurden erneuert. Neue Schnüre aufgespult, Vorfächer gebunden, der Vorrat an Batterien aufgefüllt usw., usw., aber ihr kennt das ja sicher alle aus eigener Erfahrung. Als zusätzliches Beifutter verwendeten wir Karpfenpellets DAN-EX in 20mm. Manne meinte 100kg müssten auf alle Fälle reichen weil wir nicht extrem viel füttern wollten. Wir haben uns bewusst für Pellets und nicht für Mais oder andere Partikel entschieden, weil Partikel tagelang an der Futterstelle liegen bleiben. Falls ein Spot mal nicht „läuft“ und man die Angelstelle wechselt nicht noch tagelang Futter dort rum liegt. Außerdem wollten wir die Pellets mal an einem fast unberührten See testen. Bei unseren Lieblingen, den Boilies, mache ich nicht den geringsten Kompromiss. Entweder rolle ich meine hochwertigen Kugeln selbst oder ich bediene mich eines Bait-Service und lasse mir hochwertige Murmeln rollen. Bei Fertigboilies weis man nie was man bekommt, oft habe ich den Eindruck man bekommt für gutes Geld den letzten „Dreck“. Jedenfalls war ich mit den von mir gefischten „Readys“ noch nie ganz zu frieden. Aber lassen wir das…………
Für diesen Angeltrip entschied ich mich für einen Bait Service. Bait Service gibt es ja einige auf dem Markt, aber die besten Boilies rollt zurzeit Markus Konetzka. Markus ist zwar noch nicht all zu lange im „Geschäft“ trotzdem verfügt er über ein außerordentliches Fachwissen, was für die Herstellung von Boilies das wichtigste ist.
Ich hatte 100kg Boilies bei Markus bereits Januar auf Termin bestellt, um sicher zu gehen das die Lieferung im Mai dann auch passt. Welche Sorten wir im einzelnen gefischt haben, darauf gehe ich später noch ein.
Dann kam was kommen muss. Manne wurde zwei Wochen vor Abreise krank!?! Er hatte große Probleme mit seinem Fuß. Der Angeltrip schien zu „platzen“. Ich dachte mir, ohne Manne fahre ich nicht nach Frankreich!!! Nach den schon zahlreichen gemeinsamen Frankreichtrips ist mit der Zeit aus einer Angelfreundschaft schon mehr geworden. Nicht das wir uns nur Angelausrüstung zusammen kaufen, wie einen Mega-Gaskocher, eine große Gaskühlbox, ein GPS Gerät und mehrere Gel-Batterien, sondern auch „privat“ sind wir mittlerweile gute Freunde geworden und wir können über alles reden. Manne sagt: „einem es direkt ins Gesicht was er denkt“. Eine Eigenschaft die nicht bei jedem ankommt, die ich aber persönlich sehr schätze. Mit „Arschkriechern“ kann ich nämlich nichts anfangen. Manne tat alles Erdenkliche um wieder „fit“ zu werden. Massagen, Spritzen, Bestrahlungen – eben das volle Programm, und er biss auf die Zähne. Die ganze Vorbereitung, der verfallene Urlaub, alles wäre für die „Katz“ gewesen. Ich sagte zu Manne, mach dir keinen Kopf, Gesundheit ist viel wichtiger. Endlich kam der lang ersehnte Tag, an dem wir unser Auto beladen durften. Es war einer der ersten schönen Maitage. Nach einer Stunde waren 700 kg Tackle und Baits verstaut, und das wichtigste, einen Kasten „Erdinger Weissbier“, für den Bauern durften wir auf keinen fall vergessen. Ich weis nicht wie es euch ergeht, aber die Vorfreude ist in diesem Moment bei mir immer besonders groß.
Die 11stündige Autofahrt verlief ohne Zwischenfälle. Wir fahren am liebsten nachts um den Hauptverkehr am Tage zu umgehen. Das hat den Vorteil das wir am Morgen am See ankommen und den ganzen Tag Zeit haben um in ruhe unser Camp aufzubauen und die Ruten auszulegen.
Am See angekommen machten wir zuerst eines meiner Schlauchboote und das Echolot startklar um das Gewässer zu erkunden. Ca. 15 Spots peicherten wir in unser Lowrance GPS Gerät ein. Nun mussten wir nur noch einen Zeltplatz finden. Am geeignetsten erschien uns eine Stelle etwas zurückversetzt vom Ufer unter zwei Weidenbäumen. Wir waren praktisch wie in einer Höhle, optimal vor Wind und Sturm geschützt. Der Platz war auch groß genug um drei Zelte aufzubauen und lag optimal um alle 15 Spots befischen zu können. Einige von euch werden sich jetzt vielleicht wundern – Warum drei Zelte? Für uns hat sich diese Lösung im laufe der Jahre als die optimalste heraus kristallisiert. Jeder hat ein Zelt für sich und somit genug Platz für Tackle und man kann sich auch mal zurück ziehen um ein Mittagsschläfchen zu halten. Das dritte Zelt ist ein 3m Schirm mit Überwurf, es dient als Gemeinschaftszelt zum kochen und essen. Es haben locker zwei Stühle, ein Tisch und Kühlboxen platz. Im Winter kommt noch eine Gasheizung dazu. So haben wir es bei jedem Wetter gemütlich und können auch bei schlechtester Wetterlage es tagelang am Wasser aushalten. Wir legten unsere acht Ruten aus und waren froh endlich unsere „Arbeit“ getan zu haben. Ich war total fertig, die lange Anreise, eine Nacht ohne Schlaf, das verladen der Ausrüstung in die Boote und der ganze Aufbau, musste ich Tribut zollen. Nach dem Essen versank ich auf meiner Liege wie ein Baby im Schlaf. Mit zwei Ruten befischte ich eine kleine Bucht wo ein versunkener Baumstamm lag. Die dritte Rute wurde an einer Kante direkt am Ufer platziert. Da wir mit jeweils vier Ruten fischten legte jeder seine vierte Rute auf einen zusätzlichen dritten Rod Pod ab. Durch das verwenden eines dritten Pods kann man acht Ruten wesentlich besser platzieren. Der Optimalfall wäre vier Pods mit je zwei Ruten gewesen.
Mit diesen Ruten befischten wir einen Spot der mit einem Futterteppich gefüttert wurde. Wir fütterten auf 15m länge und 3m breite täglich 15kg Pellets, dazu kamen noch 15kg Boilies. Dieser Spot lag in der Mitte des Sees, dort war eine kleine Rinne oder auch Flusslauf, die sich längs durch den See zog. Das war der einzige Spot wo wir etwas mehr gefüttert haben, die anderen Angelstellen wurden gar nicht oder nur mit einer handvoll Boilies gefüttert. Manne hatte seine anderen drei Ruten zuerst einmal mehr oder weniger „blind“ ausgelegt, weil er nach den Strapazen keine Lust mehr hatte großartig zu „arbeiten“.
Aber großartig zum Schlafen kam ich erst gar nicht. Nach kurzer Zeit hatte ich schon den ersten Run. Ein schöner Spiegler konnte einer Tigernuss auf dem etwas mehr gefütterten Spot nicht wieder stehen und landete auf meiner Matte. Die Freude war riesengroß, den See nach so kurzer Zeit „geknackt“ zu haben.
Der See war „geknackt“, was bei Manne und mir immer die obligatorische Sektflasche bedeutete. Man muss eben die Feste feiern wie sie fallen. Die erste Nacht brachte uns keine Fische mehr. Worüber ich auch nicht böse war, den so konnten wie uns mal richtig ausschlafen. Am Morgen war zuerst einmal ein richtiges bayerisches Frühstück angesagt, Weissbier und Weisswürste. So gestärkt bestückten wir sieben unserer acht Ruten mit Dangeres Plum, Red Killer Crab, Crazy Banana, Shrimp Cocktail, Meat Balls, Peanut Dream und Stinking Dead Fish. Stinking Dead Fish ist wirklich abartig und nichts auf nüchteren Magen! Ich will gar nicht wissen was da alles drin ist.
Darüber hinaus bekam ich von Markus zwei Kilo neue Testboilies, Phase 1, eine der Zutaten von diesen Boilies hat er von einem Fischereibiologen. Diese Boilies benutzen wir nur einzeln ohne auch nur eine Kugel anzufüttern. Leider konnten wir auf Phase 1 Boilies nur ein paar kleinere Karpfen fangen. Ich werde aber an meinem Hausgewässer diese Boilies noch mal ausgiebig testen.
Die achte Rute wurde natürlich wieder mit einer Tigernuss beködert. Zu meiner Verwunderung brachte die Tigernuss die ganze Woche keinen einzigen Karpfen mehr. Für mich unerklärlich, da Tigernüsse eigentlich immer ein „heißer“ Köder sind.
Wir konnten in den nächsten paar Tagen noch einige schöne Fische fangen. Diesen absoluten Traumsee werden wir auf alle Fälle wieder befischen. Mit Einzelheiten welcher Fisch wie wann und wo erspare ich mir. Aber wie immer geht so eine schöne Zeit viel zu schnell vorbei und wir mussten unser Tackle wieder verstauen.
Das gute daran, man hat bei der Heimreise ca. 300kg Gepäck weniger.
Manne und ich möchten uns noch bei Markus Konetzka für die zuverlässige Lieferung der Boilies und Pellets bedanken.
PS:
Einige von euch werden sich jetzt vielleicht denken, schon wieder so ein „Scheißbericht“ wo der Name des Sees nicht genannt wird. Aber ehrlich gesagt, weis ich selber den Namen auch nicht. Der See gehört zu einem größeren landwirtschaftlichen Anwesen und liegt zwischen La Roche und St. Astiens.
Also bitte, bitte nicht böse sein!
Manne und ich hoffen das wir mit diesem Bericht ein bisschen für Kurzweil gesorgt haben.